Atemtherapeutin / Atemtherapeut: Ausbildung, Weiterbildung, Anbieterüberblick

Weil wir so leben, wie wir atmen!

Atmung ist nicht bloss ein lebensnotwendiger «Mechanismus». Körperliche Veränderungen, Gedanken und Gefühle wirken sich direkt auf unsere Atmung aus, regen sie an, oder schränken sie ein. Bei Schreck stockt der Atem, bei Stress wird er oberflächlich usw. Gesundheit und Atmung stehen in direktem Zusammenhang.

Atemtherapie macht Atemvorgänge bewusst und schult den Umgang damit. Sie gehört zu den komplementärtherapeutischen Methoden und ihre Wirkung bei Atemwegserkrankungen und anderen physischen sowie psychischen Beschwerden ist wissenschaftlich erwiesen.

Eine Atemtherapie-Ausbildung kann deshalb der Einstieg in eine sinnstiftende und befriedigende Berufstätigkeit sein.

Die Atemphysiotherapie – so die richtige Bezeichnung – ist eine spezielle Form der Physiotherapie mit dem Ziel, die an der Atmung beteiligte Muskulatur zu stärken, das Lungenvolumen zu vergrössern und so die Atmung insgesamt zu verbessern. Gearbeitet wird mit Atemtechniken, Wahrnehmungsübungen, Körperübungen und verschiedenen Entspannungsformen. Atemphysiotherapie eignet sich speziell für Menschen mit Atemproblemen und Atemwegserkrankungen wie chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) oder Asthma.

Achtung: Atemphysiotherapie ist nicht zu verwechseln mit der ganzheitlichen komplementärtherapeutischen Methode Atemtherapie gemäss Methodenkatalog der OdA KT, auch wenn es Überschneidungen gibt, insbesondere in der Anwendung bestimmter Grifftechniken.

Die Krankenkassen entscheiden frei, an welchen Therapiekosten sie sich mit ihren Zusatzversicherungen beteiligen; das gilt auch für atemtherapeutische Behandlungen.

Die meisten Krankenkassen orientieren sich bei Fragen der Kostenübernahme im Bereich Alternativ- oder Komplementärmedizin an den beiden Registern EMR und ASCA: Wer dort als Therapeut/in für eine bestimmte Methode registriert ist, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit entsprechende Behandlungskosten über Krankenkassen abrechnen.

Die Möglichkeit zur Registrierung hängt vom Ausbildungsumfang (EMR und ASCA) und der Erfahrung (nur EMR) ab. Für die Registrierung mit Atemtherapie brauchst du:

• EMR: 600 Kontaktstunden Methodenausbildung + 150 Kontaktstunden medizinische Grundlagen + 250 selbst durchgeführte Behandlungen oder das Branchenzertifikat OdA KT Atemtherapie
• ASCA: 500 Kontaktstunden Methodenausbildung + 150 Kontaktstunden medizinische Grundlagen oder das Branchenzertifikat OdA KT Atemtherapie

Die Atemtherapie gehört zur Methodengruppe, die mit dem Brachenzertifikat OdA KT (Organisation der Arbeitswelt Komplementärtherapie) abgeschlossen werden kann. Die Ausbildung zum Branchenzertifikat OdA KT als Atemtherapeutin bzw. Atemtherapeut ist modular und dauert rund drei Jahre.

Das Branchenzertifikat OdA KT öffnet den Weg zur höheren Fachprüfung (HFP) und zum eidgenössischen Diplom als Komplementärtherapeut/in in der Methode Atemtherapie. Dieser besteht aus einer Phase der sog. «supervidierten Berufspraxis», in der mindestens 36 Stunden Supervision und 600 eigene Behandlungsstunden zu leisten sind. Bei einem 50-Prozent-Pensum dauert die Phase etwa zwei Jahre, bei einem 30-Prozent-Pensum etwa drei Jahre (max. 5 Jahre, da danach die für die Zulassung zur HFP nötigen Modulabschlüsse ihre Gültigkeit verlieren).

Die Ausbildung zur Atemtherapeutin oder zum Atemtherapeuten bereitet dich auf die professionelle und selbständige Praxistätigkeit mit dieser komplementärtherapeutischen Methode vor. Auf dem Weg zum Branchenzertifikat OdA KT (Organisation der Arbeitswelt Komplementärtherapie) in Atemtherapie erwirbst du Kompetenzen in den folgenden Bereichen:

• Methodenausbildung: theoretisches Wissen über die Geschichte und Entstehung der Atemtherapie, die zugrundeliegenden Konzepte, Theorien und Anwendungsmöglichkeiten
• Anwendung der Methode: praktische Kompetenzen wie die spezifischen Handgriffe, Bewegungen, Bewegungsabläufe, Behandlungsabläufe usw. der Atemtherapie
• medizinisches Grundlagenwissen und das für die Atemtherapie notwendige medizinische Spezialwissen
• berufsspezifische Grundlagen, dazu gehören Themen wie Gesundheitsverständnis, Menschenbild, Ethik, Praxisführung
• sozialwissenschaftliche Grundlagen, dazu gehören Psychologie, Kommunikation und Gesprächsführung

Ausserdem schulst du deine Achtsamkeit und förderst deine Selbstwahrnehmung.

In einer Atemphysiotherapie-Ausbildung lernt man, den Atemvorgang bewusst wahrzunehmen und dadurch die Atmung nachhaltig zu erleichtern. Dies beinhaltet:

• Atem- und Körperübungen
• Manuelle Therapiemethoden
• Therapeutische Gespräche
• Meditation und Entspannung
• Achtsamkeits- und bewusstseinsfördernde Anwendungen
• Vokale Arbeit mit der Stimme (Stimmarbeit)
• Meridiansystem

Die reflektorische Atemtherapie nach Liselotte Brüne und Dr. med. Ludwig Schmitt ist eine bewährte Form der Physiotherapie, die mit Massagen und Grifftechniken Muskeln, Faszien, Wirbelsäulenstrukturen, Nervensystem, Meridiane sowie Reflex- und Bindegewebszonen behandelt und das Zwerchfell stimuliert. Dadurch wird eine reflektorische Atemreaktion ausgelöst, die ihrerseits die Selbstregulation des unwillkürlichen Nervensystems anregt.

Gehört die Reflektorische Atemtherapie zu den OdA KT-Methoden?

Nein. Die reflektorische Atemtherapie, auch Atemphysiotherapie genannt, gehört nicht zu den komplementärtherapeutischen Atemtherapie-Fachrichtungen der OdA KT, auch wenn es Überschneidungen gibt, insbesondere in der Anwendung bestimmter Grifftechniken.

Komplementärtherapeutische Ausbildungen, also auch die Ausbildung in Atemtherapie, stehen in der Regel allen interessierten Personen offen. Besondere Vorbildung oder bestimmte Berufserfahrungen werden nicht verlangt.

Manche Schulen stellen allerdings eigene Bedingungen für die Zulassung, wie ein Mindestalter von 20 oder 25 Jahren, einen Lehrabschluss mit eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ) oder Maturität oder mehrjährige Berufserfahrung oder gute Deutschkenntnisse.

Wenn du vorhast, die Ausbildung bis zum eidgenössischen Diplom als Komplementärtherapeut/in in Atemtherapie zu verfolgen, brauchst du einen Abschluss auf Sekundarstufe II (EFZ, Matura oder gleichwertig).

Eine fundierte und von der OdA KT anerkannte Ausbildung zum Atemtherapeut / zur Atemtherapeutin kostet je nach Anbieter und Dauer zwischen CHF 15'000 und 25'000.

Details erfährst du bei den Anbietern selbst. Vergiss nicht, nach allfälligen Extrakosten für Schulungsunterlagen, Gebühren für die externen Prüfungen usw. zu fragen.

Arbeitsfelder der Atemtherapie

Atemtherapie wird mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen jeden Alters praktiziert. Atemtherapeuten und Atemtherapeutinnen unterstützen ihre Klientinnen und Klienten bei Atembeschwerden und Atemerkrankungen sowie anderen körperlichen Beschwerden und emotionalen Belastungen. Atemtherapie kommt auch zur Begleitung in besonderen Lebenssituationen zum Einsatz, etwa bei chronischen Erkrankungen oder in der Schwangerschaft.

Anwendungsbeispiele für Atemtherapie

Mit gezielten Atemübungen kannst du zum Beispiel positiv auf Muskelverspannungen oder Verdauungsbeschwerden einwirken, Erleichterung bei Asthma oder Bronchitis erzielen und bei Erschöpfungszuständen oder innerer Unruhe und Schlaflosigkeit zu Ruhe und Ausgleich finden.

Arbeitsformen

Atemtherapeutinnen und Atemtherapeuten arbeiten in Voll- oder Teilzeit zum Beispiel in Rehabilitationszentren, Spitälern, Einrichtungen im Suchtbereich oder in Altersheimen. Oft arbeiten sie auch selbständig, in einer eigenen Praxis oder einer Praxisgemeinschaft, geben Seminare für Firmen und Privatpersonen oder leiten Bewegungs- und Atemgruppen usw.

Bei der Atemgymnastik werden Techniken zur Verbesserung der Atmung durch Kräftigung der Atemmuskulatur und Verbesserung ihrer Effizienz sowie durch Mobilisierung von Sekreten eingesetzt. Sie ist ein Teilbereich der Physiotherapie und der medizinischen Atemtherapie. Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen haben häufig eine ineffiziente Atmung aufgrund einer falschen Atemtechnik. Ziel der Atemgymnastik ist es, die Lungenfunktion dieser Patienten zu verbessern. Gleichzeitig dient die Atemgymnastik der Mobilisierung des Brustkorbs. Durch eine Verbesserung der Thoraxmobilität kann die Einatmungsfähigkeit verbessert werden.

Die Atemtherapie-Ausbildung absolvierst du in der von der Schule angebotenen bzw. von der dir gewählten Fachrichtung und schliesst sie mit dem Methodendiplom der Schule ab. Fachlich bist du damit für die praktische Tätigkeit als Atemtherapeut/in bereit.

Allerdings nimmt die Reglementierung der Berufsausübung im Gesundheitsbereich zu. Wenn du langfristig praktisch tätig sein willst, empfiehlt es sich, den nächsten oder besser noch die nächsten beiden Abschlüsse anzustreben:

1. Wenn du das Methodendiplom besitzt und zusätzlich deine berufsspezifischen Kompetenzen im Bereich des sogenannten «Tronc Commun» (methodenübergreifende medizinische, sozialwissenschaftliche und berufsspezifische Grundlagen) nachweisen kannst, kannst du das Branchenzertifikat OdA KT in Atemtherapie beantragen.
2. Mit dem Branchenzertifikat OdA KT, steht dir über die höhere Fachprüfung Komplementärtherapie der Weg offen zum eidg. Diplom als Komplementärtherapeut/in mit der Methode Atemtherapie.

Details findest du in unserem Ratgeber zu Aus- und Weiterbildungen im Bereich Naturheilkunde und Komplementärtherapie.